Hintergrund: Eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindesalter stellt einen Risikofaktor für Substanzmissbrauch und Störungen durch Substanzgebrauch (Substance Use Disorder, SUD) in der Pubertät und dem (frühen) Erwachsenenalter dar. ADHS und SUD treten auch häufig bei therapiesuchenden Jugendlichen auf, was die Diagnosestellung und Therapie erschwert sowie mit schlechten Behandlungsergebnissen verbunden ist. Forschungsergebnisse über die Wirkung der Behandlung von ADHS im Kindesalter auf die Prävention von SUD im Jugendalter sind nicht eindeutig und Studien über die Diagnose und Behandlung von Jugendlichen mit ADHS und SUD sind selten. Daher reicht die verfügbare Evidenz allgemein nicht aus, um starke Behandlungsempfehlungen zu rechtfertigen. Fragestellung: Ziel dieser Arbeit war es, eine Konsenserklärung auf der Grundlage von wissenschaftlichen Daten und klinischen Erfahrungen zu erhalten. Methodik: Es wurde eine modifizierte Delphi-Studie durchgeführt, um basierend auf der Kombination von wissenschaftlichen Daten und klinischer Erfahrung mit einer multidisziplinären Gruppe von 55 Expert_innen aus 17 Ländern einen Konsens zu erzielen. Die Expert_innen wurden gebeten, eine Reihe von Aussagen über die Wirkung der Behandlung von ADHS im Kindesalter auf die SUD bei Jugendlichen sowie über das Screening, die Diagnostik und die Behandlung von Jugendlichen mit komorbidem ADHS und SUD zu bewerten. Ergebnisse: Nach drei iterativen Bewertungsrunden und der Anpassung von 37 Aussagen wurde ein Konsens über 36 dieser Aussagen erzielt, die sechs Bereiche repräsentieren: allgemein (n = 4), Risiko der Entwicklung einer SUD (n = 3), Screening und Diagnostik (n = 7), psychosoziale Behandlung (n = 5), pharmakologische Behandlung (n = 11) und komplementäre Behandlungen (n = 7). Der Einsatz von Routinescreenings auf ADHS wird bei adoleszenten Patient_innen in einer Suchtbehandlung ebenso wie Routinescreenings auf SUD bei jugendlichen Patient_innen mit ADHS in allgemeinpsychiatrischen Therapiesettings empfohlen. Langwirksame Stimulanzien werden als Behandlung der ersten Wahl von ADHS bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD empfohlen. Die Pharmakotherapie sollte vorzugsweise in psychosoziale Behandlung eingebettet werden. Die einzige nichtkonsentierte Aussage betraf die Notwendigkeit von Abstinenz vor Beginn einer pharmakologischen Behandlung bei Jugendlichen mit ADHS und gleichzeitigem SUD. Im Gegensatz zur Mehrheit verlangten einige Expert_innen eine vollständige Abstinenz vor Beginn einer pharmakologischen Behandlung, einige waren gegen die Verwendung von Stimulanzien bei der Behandlung dieser Patient_innen (unabhängig von Abstinenz), während einige sich gegen die alternative Anwendung von Bupropion aussprachen. Schlussfolgerungen: Diese internationale Konsenserklärung kann von Kliniker_innen und Patient_innen zusammen in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess genutzt werden, um die besten Interventionen auszuwählen und die bestmöglichen Ergebnisse bei adoleszenten Patient_innen mit gleichzeitiger ADHS und SUD zu erzielen.
Background: Childhood attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) is a risk factor for substance misuse and substance use disorder (SUD) in adolescence and (early) adulthood. ADHD and SUD also frequently co-occur in treatment-seeking adolescents, which complicates diagnosis and treatment and is associated with poor treatment outcomes. Research on the effect of treatment of childhood ADHD on the prevention of adolescent SUD is inconclusive, and studies on the diagnosis and treatment of adolescents with ADHD and SUD are scarce. Thus, the available evidence is generally not sufficient to justify robust treatment recommendations. Objective: The aim of the study was to obtain a consensus statement based on a combination of scientific data and clinical experience. Method: A modified Delphi study to reach consensus based upon the combination of scientific data and clinical experience with a multidisciplinary group of 55 experts from 17 countries. The experts were asked to rate a set of statements on the effect of treatment of childhood ADHD on adolescent SUD and on the screening, diagnosis, and treatment of adolescents with comorbid ADHD and SUD. Results: After 3 iterative rounds of rating and adapting 37 statements, consensus was reached on 36 of these statements representing 6 domains: general (n = 4), risk of developing SUD (n = 3), screening and diagnosis (n = 7), psychosocial treatment (n = 5), pharmacological treatment (n = 11), and complementary treatments (n = 7). Routine screening is recommended for ADHD in adolescent patients in substance abuse treatment and for SUD in adolescent patients with ADHD in mental healthcare settings. Long-acting stimulants are recommended as the first-line treatment of ADHD in adolescents with concurrent ADHD and SUD, and pharmacotherapy should preferably be embedded in psychosocial treatment. The only remaining no-consensus statement concerned the requirement of abstinence before starting pharmacological treatment in adolescents with ADHD and concurrent SUD. In contrast to the majority, some experts required full abstinence before starting any pharmacological treatment, some were against the use of stimulants in the treatment of these patients (independent of abstinence), while some were against the alternative use of bupropion. Conclusion: This international consensus statement can be used by clinicians and patients together in a shared decision-making process to select the best interventions and to reach optimal outcomes in adolescent patients with concurrent ADHD and SUD.
Keywords: Konsenserklärung; Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung; Störungen durch Substanzgebrauch; Jugendliche; Consensus statement; Attention-deficit/hyperactivity; disorder; Substance use disorder; Adolescents
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Störungen durch Substanzgebrauch (SUD) treten sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen, die eine Behandlung aufsuchen, häufig gleichzeitig auf ([
Bestehende Leitlinien zu ADHS schenken Jugendlichen mit komorbider SUD als spezieller Untergruppe wenig Aufmerksamkeit. Die meisten Richtlinien enthalten nur einige allgemein gehaltene Empfehlungen, die das Screening von Jugendlichen mit ADHS auf Substanzmissbrauch und Störungen durch Substanzgebrauch, die Verwendung von Medikamenten mit wenig oder gar keinem Missbrauchspotenzial und das Achten auf Anzeichen von Missbrauch oder nicht vereinbarter Verwendung von ADHS-Medikation in dieser Gruppe beinhalten (Leitlinien der Niederlande [[
Die Früherkennung von komorbidem ADHS bei Adoleszenten, die eine Suchttherapie erhalten, sowie die Erkennung von SUD und die nicht altersgerechte Verwendung von Suchtmitteln bei Jugendlichen, die in eine ADHS-Behandlung integriert sind, sind von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Behandlung dieser komorbiden Erkrankungen. Obwohl für beide Erkrankungen zuverlässige und valide Screeninginstrumente und strukturierte diagnostische Interviews zur Verfügung stehen ([
Die Evidenz von psychosozialer und pharmakologischer Behandlung von komorbidem ADHS und SUD bei Jugendlichen ist begrenzt. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Metaanalysen oder randomisierten kontrollierten Studien (RCTs), die die Wirksamkeit psychosozialer Behandlungen oder komplementärer Interventionen bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD untersucht haben. Es gibt jedoch 11 RCTs, die psychosoziale Interventionen bei Adoleszenten mit ADHS (allerdings ohne SUD-Komorbidität) untersuchten, entweder in einem Schulumfeld ([
Vor Kurzem zeigte eine erste Untersuchung von kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) für SUD im Vergleich mit KVT, die sowohl auf ADHS als auch auf SUD bei Erwachsenen mit gleichzeitiger Komorbidität ausgerichtet war, günstige zusätzliche Effekte für diesen integrierten KVT-Ansatz. Diese Veränderungen zeigten sich jedoch nur in Bezug auf ADHS-Symptome, nicht auf den Substanzgebrauch ([
Fünf RCTs wurden bisher durchgeführt, um die Wirkung von komplementären Behandlungen bei Jugendlichen mit ADHS (ohne SUD) zu untersuchen: kognitives Training ([
Um die Wirksamkeit der Pharmakotherapie bei Patient_innen mit ADHS und gleichzeitig SUD zu untersuchen, führten [
Bisher wurden nur vier (placebo)kontrollierte Studien zur Wirksamkeit der Pharmakotherapie bei Adoleszenten mit gleichzeitiger ADHS und SUD (mit insgesamt weniger als 500 Patient_innen) durchgeführt: zwei Studien mit langwirksamem Methylphenidat ([
Pharmakologische Behandlungen bei Jugendlichen mit gleichzeitig auftretender ADHS und SUD wurden in allen vier Studien gut vertragen ([
Während Stimulanzien und Atomoxetin allgemein gut verträglich sind, werden sie mit einer Reihe von kurz- und langfristigen kardiovaskulären Nebenwirkungen in Verbindung gebracht. [
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschung über die Diagnostik und Behandlung von Jugendlichen mit ADHS und SUD nicht ausreichend und die Ergebnisse der wenigen verfügbaren Studien in dieser speziellen Gruppe nicht aussagekräftig genug sind, um eindeutige Behandlungsempfehlungen zu rechtfertigen.
Aus diesen Gründen führten wir, im Rahmen einer Initiative von ICASA (International Collaboration on ADHD and Substance Abuse), eine modifizierte Delphi-Studie auf der Grundlage wissenschaftlicher und klinischer Evidenz mit einer großen multidisziplinären internationalen Expertengruppe durch. Die Expert_innen wurden gebeten, eine Reihe von Aussagen über (a) die Wirkung der ADHS-Behandlung von Kindern auf die Entwicklung von SUD in der Pubertät und im frühen Erwachsenenalter und (b) die Möglichkeiten für Screening, Diagnostik und Behandlung für Jugendliche mit gleichzeitiger ADHS und SUD zu bewerten. ICASA hatte zuvor die Entwicklung einer vergleichbaren Konsenserklärung über Screening, Diagnostik und Behandlung von erwachsenen Patient_innen mit gleichzeitiger ADHS und SUD initiiert ([
Wir führten einen modifizierten Delphi-Prozess ([
- 1 Von drei Mitgliedern der Expertengruppe (V. H., H. Ö. und R. S.) wurde eine systematische Literaturrecherche über a) die Effekte der ADHS-Behandlung bei Kindern auf die Entwicklung einer SUD in der Adoleszenz und (b) die Möglichkeiten zum Screening, zur Diagnostik und zur Behandlung von jugendlichen Patient_innen mit gleichzeitigem ADHS und SUD, durchgeführt ([
28 ]). - 2 Auf der Grundlage dieses systematischen Reviews wurden von den Autor_innen der Literaturrecherche (V. H., H. Ö. und R. S.) und vier ICASA-Mitgliedern erste Aussagen für eine Konsenserklärung ausgewählt: W. v. d. B., G. v. d. G., A. S., M. N. und M. H.
- 3 Eine multidisziplinäre internationale Gruppe von 62 Expert_innen wurde für den Konsensprozess eingeladen: 44 davon waren ICASA-Mitglieder (71 %), weitere 18 externe Expert_innen (29 %) wurden von ICASA-Mitgliedern als ausgewiesene ADHS-SUD-Expert_innen für Kinder und Jugendliche benannt. Von diesen 62 eingeladenen Expert_innen nahmen 55 am Delphi-Prozess teil: 37 (67 %) ICASA-Mitglieder und 18 (33 %) eingeladene Expert_innen. Die 55 Teilnehmer_innen (darunter die acht Expert_innen, die an der Auswahl der Aussagen beteiligt waren) stammten aus 17 Ländern und fünf Kontinenten (Europa, Nordamerika, Australien, Asien und Afrika) und umfassten 15 (Kinder- und Jugend-)Psychiater_innen, 14 (Kinder- und Jugend-)Psycholog_innen, 16 Suchtmediziner_innen, sechs Wissenschaftler_innen, zwei Apotheker_innen, einen Krankenpfleger für psychische Gesundheit und einen Epidemiologen.
- 4 Alle Aussagen (resultierend aus Schritt 2) und das systematische Review (resultierend aus Schritt 1) wurden an die Gruppe der 55 Sachverständigen übermittelt. Diese wurden gebeten, (a) alle Aussagen auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = überhaupt nicht einverstanden, 2 = nicht einverstanden, 3 = neutral, 4 = zustimmend und 5 = deutlich zustimmend) basierend auf ihrem Wissen, ihrer klinischen Erfahrung und – falls gewünscht – der systematischen Literaturrecherche zu bewerten, (b) Kommentare zum Inhalt und/oder zur Formulierung der Aussagen abzugeben, wenn sie dies für notwendig oder nützlich hielten, und (c) zusätzliche Aussagen vorzuschlagen, die sie für nützlich hielten. Der Konsens zwischen den Expert_innen für jede Aussage wurde von vornherein definiert als Anteil von mindestens 95 % aller Bewertungen, die größer oder gleich 3 waren (deutlich zustimmend, zustimmend und neutral), und somit nicht mehr als zwei Expert_innen mit einer Bewertung für eine bestimmte Aussage gleich oder kleiner als 2 (nicht einverstanden und deutlich nicht einverstanden). Wenn auch willkürlich, interpretierten wir ein „neutrales" Rating in unserer dichotomen Konsenserfassung als eher zustimmend und nicht als ablehnend, da die Raterin oder der Rater der Aussage zumindest nicht widersprach. Das gleiche Verfahren wurde in einem kürzlich veröffentlichten Konsensartikel über Baclofen als praktikable Behandlung für Alkoholabhängigkeit verwendet ([
1 ]). - 5 Nachdem alle Bewertungen und Kommentare eingegangen waren und der Konsens berechnet wurde, wurden alle Aussagen ohne Konsens, Aussagen mit Konsens und zusätzlichen hilfreichen Kommentaren, die zu einer anderen Formulierung führten, sowie zusätzliche Aussagen, die von den Sachverständigen vorgeschlagen wurden, zur zweiten Bewertungsrunde erneut an alle Expert_innen geschickt.
- 6 Auf der Grundlage dieser zweiten Bewertungsrunde wurde auch für diese Aussagen der Konsens berechnet, wobei dieselben a priori definierten Regeln verwendet wurden. Aussagen, die immer noch nicht den Expertenkonsens erreichten, wurden an alle Expert_innen für eine endgültige Bewertung und eine abschließende Bitte zur Kommentierung geschickt. Darüber hinaus erhielten alle Sachverständigen den vollständigen Text der internationalen Konsenserklärung (einschließlich Abstract, Einleitung, Methoden und Diskussion/Schlussfolgerung) mit der Bitte, zu dem Text Stellung zu nehmen.
- 7 Basierend auf der letzten Runde von Bewertungen und Kommentaren wurde der Text des Manuskripts von den leitenden Autor_innen des aktuellen Artikels (H. Ö., R. S., W. v. d. B. und V. H.) fertiggestellt und zur Veröffentlichung eingereicht.
Von den 55 Expert_innen in der Konsensgruppe nahmen 52 (95 %) in der ersten Runde teil, 55 (100 %) beteiligten sich in der zweiten Runde und wieder 55 (100 %) beteiligten sich an der dritten Runde der Bewertungen und Kommentierungen zu den Aussagen und zum Text des Konsensdokuments.
Basierend auf unserer im Vorfeld festgelegten Definition des Konsenses erzielten 10 der 36 ausgewählten initialen Aussagen in der ersten Runde keinen Konsens (Tabelle 1). Diese wurden angepasst und für die zweite Bewertungs- und Kommentierungsrunde erneut verschickt. Darüber hinaus identifizierten wir drei Aussagen mit Konsens, aber mit Kommentaren, die uns dazu anregten, die ursprünglichen Aussagen leicht umzuformulieren. Diese angepassten Aussagen wurden auch in der zweiten Bewertungs- und Kommentierungsrunde verschickt. Schließlich schlugen einige Expert_innen zusätzliche Aussagen vor, von diesen fügten wir eine Aussage (Tabelle 1, Aussage 30) hinzu, die auch für die zweite Runde der Bewertung und Kommentierung verschickt wurde. So wurden in der zweiten Runde zur Bewertung und Kommentierung 14 der 37 (36 + 1) Aussagen eingeschlossen.
Graph
Tabelle 1 Empfehlungen und Schlussfolgerungen zum Screening, zur Diagnostik und Behandlung von Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD
• Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD führt die Behandlung von ADHS in der Regel nicht zu einem reduzierten Substanzkonsum und auch die Behandlung der SUD hat in der Regel keine positiven Auswirkungen auf die ADHS-Symptome. Es wird daher empfohlen, dass sich die Behandlung auf beide Erkrankungen gleichzeitig fokussieren sollte. Dabei soll auf Wechselbeziehungen geachtet und den Leitlinien für jede einzelne Erkrankung und den allgemeinen Richtlinien für die Behandlung von komorbiden Patient_innen gefolgt werden. • In den meisten Fällen von gleichzeitiger ADHS und SUD bei Jugendlichen ist es ratsam, mit einer Behandlung zu beginnen, die darauf abzielt, zunächst auf den Konsum von Suchtmitteln zu verzichten oder diesen zu reduzieren/zu stabilisieren, da die anhaltende SUD die Diagnostik und Behandlung von ADHS erschweren kann. Der Beginn der ADHS-Therapie sollte jedoch nicht unnötig verzögert werden. • In allen Fällen ist es sinnvoll, Jugendliche mit ADHS und SUD zu fragen, ob und wie sie ihre Eltern und/oder andere Vertrauenspersonen in die Behandlung einbeziehen möchten. • Daten aus den verfügbaren wissenschaftlichen Studien deuten stark darauf hin, dass eine medikamentöse Behandlung von ADHS mit Stimulanzien im Kindesalter das Risiko der Entwicklung von SUD in der Pubertät nicht erhöht. • Daten aus den verfügbaren wissenschaftlichen Studien deuten darauf hin, dass eine medikamentöse Behandlung von ADHS mit Stimulanzien im Kindesalter das Risiko der Entwicklung von SUD in der Pubertät verringern kann. Die Gesamteffektgröße des reduzierten Risikos ist wahrscheinlich gering, aber einige Studien deuten darauf hin, dass ein früherer Beginn einer Stimulanzienbehandlung mit ausreichender Dosierung mit einer größeren präventiven Wirkung verbunden ist. • Angesichts der hohen Rate gleichzeitiger ADHS und SUD wird ein Routinescreening auf schädlichen Suchtmittelkonsum und SUD bei Jugendlichen mit ADHS empfohlen, die eine Behandlung in der Primärversorgung und in psychiatrischen Therapiesettings beginnen. Ärzt_innen wird empfohlen, auf die Vertraulichkeit der Informationen hinzuweisen und den Suchtmittelgebrauch der oder des Jugendlichen offen und nicht wertend zu erfassen, vorzugsweise mit der oder dem Jugendlichen allein, ohne dass die Eltern anwesend sind. • Umgekehrt wird ein Routinescreening für ADHS bei Jugendlichen empfohlen, die in ein Suchtbehandlungssetting aufgenommen werden. • Es wird empfohlen, dass ein Screening und die diagnostische Bewertung stattfinden, wenn der Substanzkonsum der Patientin oder des Patienten ausreichend stabilisiert ist. Nur bei akuter Intoxikation oder schweren Entzugserscheinungen sollten diese Einstufungen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. • Bei der Diagnostik gleichzeitiger ADHS und SUD sollte die Behandlerin oder der Behandler die diagnostischen Prozeduren für jede einzelne Erkrankung befolgen und besonders auf mögliche Überschneidungen, Wechselwirkungen und zeitliche Reihenfolge der Symptome achten. • Die diagnostische Bewertung von ADHS und SUD sollte als dynamischer Prozess betrachtet werden, da sowohl die Ausprägung der Störungen selbst als auch ihre Wechselwirkungen sich im Laufe der Zeit verändern können. • Die Diagnose von gleichzeitiger ADHS und SUD bei Jugendlichen sollte auf einer gründlichen diagnostischen Bewertung durch eine ausgebildete Fachkraft (z. B. Kinder- und Jugendpsychiater_in, Psychiater_in, Kinderärztin oder -arzt, klinische Psychologin bzw. klinischer Psychologe und Suchtmediziner_in) basieren. Der Einsatz standardisierter strukturierter diagnostischer Instrumente wird empfohlen. • Die psychotherapeutische Behandlung bei Jugendlichen mit komorbider ADHS und SUD sollte Psychoedukation und Motivational Interviewing umfassen, um Mitarbeit in der Therapie und Behandlungsverbleib zu verbessern. Kognitiv-behaviorale Therapieansätze (KVT) sollten für SUD oder beide Bedingungen eingesetzt werden. • Bei jüngeren Jugendlichen mit SUD und komorbider ADHS sollte eine familienbasierte Behandlung (z. B. multidimensionale Familientherapie oder funktionale Familientherapie) in Betracht gezogen werden. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger SUD und mittelschwerer oder schwerer ADHS wird Ärzt_innen empfohlen, eine ADHS-bezogene Pharmakotherapie anzubieten, zusätzlich zur psychosozialen Behandlung der SUD. • Jugendlichen, die von ADHS-Pharmakotherapie profitieren, aber dennoch funktionale Beeinträchtigungen aufweisen, sollte zusätzliche KVT angeboten werden. • Jede/jeder Jugendliche mit gleichzeitiger ADHS und SUD und ihre/seine Eltern sollten Informationen über die Option der Pharmakotherapie für ADHS sowie deren Voraussetzungen und Monitoring erhalten. • Vor Beginn der Pharmakotherapie mit Stimulanzien bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD ist es wichtig, dass die Jugendlichen abstinent sind oder ihren Suchtmittelkonsum reduziert haben. Ist dies nicht der Fall, sollte die behandelnde Person eine Pharmakotherapie ohne Stimulanzien in Betracht ziehen (z. B. Atomoxetin, Guanfacin oder Bupropion) • Vor Beginn der Behandlung mit Stimulanzien sollte die behandelnde Person kommunizieren, dass die Behandlung nur fortgesetzt wird, wenn sie nachweislich eine positive Wirkung in Bezug auf eine reduzierte ADHS-Symptomatik und/oder verbesserte Funktionalität hat. • Pharmakologische Behandlung von Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD sollte vorzugsweise in psychosoziale (einschließlich psychotherapeutische) Behandlung eingebettet werden. • Wenn die behandelnde Person den Verdacht auf unsachgemäßen Gebrauch oder Missbrauch der Stimulanzienmedikation entwickelt, stellt dies einen dringenden Grund dar, die Behandlung mit Stimulanzien zu diskutieren und – wenn nötig – zu beenden sowie eine Behandlung ohne Stimulanzien in Betracht zu ziehen. Um das Risiko des Missbrauchs und der anderweitigen Verwendung von Stimulanzien zu minimieren, ist es am besten, langwirksame anstelle von kurzwirksamen Stimulanzien zu verschreiben, langfristige und wiederholte Verschreibungen zu vermeiden sowie den Behandlungsverlauf und mögliche Probleme sorgfältig zu überwachen. • Die pharmakologische Behandlung der ADHS erfordert eine sorgfältige Einstellung und Überwachung der Wirkungen sowie möglicher Nebenwirkungen. Bei Patient_innen mit ADHS und gleichzeitigem SUD können für eine günstige Wirkung, sowohl auf die ADHS-Symptomatik als auch auf die Reduktion des Suchtmittelgebrauchs, höhere Dosen von Stimulanzien erforderlich sein als bei Patient_innen ohne SUD. • Die Pharmakotherapie der ersten Wahl von ADHS bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD besteht aus langwirksamen Psychostimulanzien (z. B. Methylphenidat, Lisdexamfetamin, Dexamphetamin und gemischten Amphetaminsalzen). Als pharmakologische Behandlungen zweiter Wahl können Atomoxetin, Guanfacin oder Bupropion betrachtet werden. • Obwohl in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar, können Wirksamkeit und Verträglichkeit von langwirksamem Methylphenidat, (Lis-)Dexamfetamin und gemischten Amphetaminsalzen mit verlängerter Freisetzung von Person zu Person unterschiedlich sein. Es wird daher empfohlen, die Wirkung mit einem dieser Stimulanzien bei Patient_innen mit gleichzeitiger ADHS und SUD zu testen sowie im Falle einer unzureichenden Wirkung in einer angemessenen Dosis auf die nächste Stimulanzienmedikation zu wechseln. • Ein Elektrokardiogramm ist vor einer ersten Stimulanzienbehandlung bei Jugendlichen mit ADHS und SUD nur erforderlich, wenn sich Hinweise in der (Familien-)Anamnese, Symptome oder Anzeichen einer Herzerkrankung ergeben und/oder wenn sie ein Medikament einnehmen bzw. eine illegale Droge (z. B. Kokain und Amphetamine) konsumieren, die ein Herzerkrankungsrisiko erhöhen können. Herzfrequenz und (systolischer) Blutdruck sollten während der pharmakologischen ADHS-Behandlung bei allen Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD überprüft werden. • Bei Jugendlichen mit ADHS und SUD, die mit Stimulanzien oder Atomoxetin behandelt werden, sollten Wachstum und Gewicht überwacht werden. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD wurden bisher keine Studien durchgeführt, die überzeugende Beweise für eine positive Wirkung von computergestützten kognitiven Trainingsprogrammen auf ADHS-Symptome oder damit verbundene funktionale Beeinträchtigungen liefern. Computergestützte kognitive Trainingsprogramme werden daher nicht empfohlen. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD wurden bisher keine Studien durchgeführt, die überzeugende Beweise für eine positive Wirkung von EEG-Neurofeedback auf ADHS-Symptome oder damit verbundene funktionale Beeinträchtigungen liefern. EEG-Neurofeedback wird daher nicht empfohlen. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD wurden bisher keine Studien durchgeführt, die überzeugende Beweise für eine positive Wirkung von diätetischen Interventionen (z. B. Restriktions- oder Eliminationsdiäten) auf ADHS-Symptome oder damit verbundene funktionale Beeinträchtigungen liefern. Diätetische Interventionen werden daher nicht empfohlen. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD wurden bisher keine Studien durchgeführt, die überzeugende Beweise für eine positive Wirkung von meditations-/achtsamkeitsbasierten Therapien auf ADHS-Symptome oder damit verbundene funktionale Beeinträchtigung liefern. Meditations-/achtsamkeitsbasierte Therapien werden daher nicht als primäre Behandlung empfohlen, sondern können als zusätzliche Intervention bei einigen Patient_innen verwendet werden. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD wurden bisher keine Studien durchgeführt, die überzeugende Beweise für eine positive Wirkung von körperlichen Übungen auf ADHS-Symptome oder damit verbundene funktionale Beeinträchtigung liefern. Bewegungsorientierte Interventionen werden daher nicht als primäre Behandlung empfohlen, sondern können als zusätzliche Intervention bei einigen Patient_innen verwendet werden. • Bei Jugendlichen mit gleichzeitiger ADHS und SUD wurden bisher keine Studien durchgeführt, die überzeugende Beweise für eine positive Wirkung der traditionellen Medizin und/oder Phytotherapie auf ADHS-Symptome oder damit verbundene funktionelle Beeinträchtigung liefern. Traditionelle Medizin und/oder Phytotherapie wird daher nicht empfohlen.Empfehlungen und Schlussfolgerungen Konsens erreicht in Runde 1 Allgemeine Aussagen 2 2 1 Risiko der Entwicklung einer SUD 1 1 Screening und Diagnostik von ADHS und SUD 1 1 1 1 1 2 Psychosoziale Behandlung von komorbider ADHS und SUD 2 1 2 1 Pharmakologische Behandlung von komorbider ADHS und SUD 1 Kein Konsens erreicht 1 2 3 1 3 1 2 2 Komplementäre Behandlung 1 1 1 2 2
In der zweiten Runde der Bewertung und Kommentierung erreichten 11 der 14 (angepassten) Aussagen einen Konsens. Die verbleibenden drei Aussagen wurden weiter angepasst und für eine dritte Bewertungs- und Kommentierungsrunde, den Entwurf des Konsensdokuments sowie eine erneute Aufforderung zur Stellungnahme verschickt.
In der dritten Bewertungs- und Kommentierungsrunde erreichten zwei der drei (angepassten) Aussagen einen Konsens. Insgesamt wurde so Konsens bei 36 der 37 Aussagen erreicht. Der Zustand ohne Konsens (Tabelle 1, Aussage 22) betraf die Erfordernis der Abstinenz von Suchtmitteln vor Beginn der Pharmakotherapie mit Stimulanzien bei Jugendlichen mit ADHS und gleichzeitigem SUD. Im Gegensatz zu den meisten Sachverständigen verlangten einige Expert_innen eine vollständige Abstinenz vor Beginn einer pharmakologischen Behandlung, einige sprachen sich gegen die Verwendung eines Stimulanz bei der Behandlung dieser Patientengruppe unabhängig von der Abstinenz aus und einige Expert_innen waren gegen die alternative Anwendung von Bupropion.
Zusammenfassend wurde bei 23 der 36 Aussagen in Runde 1 (64 %) und – nach Anpassung der restlichen 13 Aussagen plus eine neue Aussage –bei 11 der 14 Aussagen in Runde 2 (Gesamtkonsens 23 + 11 von 37 Aussagen = 34/37 = 92 %) ein Konsens erzielt. Nach Anpassung der verbleibenden drei Aussagen wurde in Runde 3 ein Konsens über zwei der drei Aussagen erzielt, was zu einem Gesamtkonsens über 36 der 37 Aussagen (97 %) führte.
Die Wirkung der Behandlung von ADHS im Kindesalter auf die Entwicklung von adoleszenter SUD sowie Screening, Diagnostik und Behandlung von gleichzeitiger ADHS und SUD bei Jugendlichen hat bisher wenig Aufmerksamkeit in der Forschung und in den Behandlungsleitlinien erhalten. Die Evidenzbasis zu diesen Fragen ist begrenzt und nicht aussagekräftig genug für starke klinische Empfehlungen. Gleichzeitig sind jugendliche Patient_innen mit ADHS und komorbider SUD ernsthaft behandlungsbedürftig, benötigen Unterstützung zur Verbesserung klinischer und psychosozialer Perspektiven und zur Verhinderung von Chronifizierung. Um diesem Bedarf zu begegnen, haben wir eine modifizierte Delphi-Studie durchgeführt, mit dem Ziel, eine Reihe von Konsenserklärungen zu erhalten, die diese Themen mit einbeziehen.
Die Untersuchung zeigt, dass eine multidisziplinäre internationale Expertengruppe in der Lage war, ein hohes Maß an Konsens bei 36 von 37 Aussagen über die Behandlung von ADHS im Kindesalter, über die Prävention von SUD später im Leben sowie über Screening, Diagnostik und die Behandlung von Jugendlichen mit gleichzeitig auftretender ADHS und SUD zu erzielen. In der ersten Runde konnte für 64 % der Aussagen leicht ein Konsens erzielt werden, nach Anpassungen der ursprünglichen Aussagen stieg dieser Prozentsatz in der zweiten Runde auf 92 % und in der dritten Runde auf 97 %.
Die einzige Aussage ohne Konsens betraf die Forderung nach Abstinenz oder reduziertem/stabilisiertem Substanzgebrauch vor der Verschreibung von Psychostimulanzien an Jugendliche mit gleichzeitiger ADHS und SUD. Die Gründe für diesen Mangel an Übereinstimmung waren vielfältig. Einige Expert_innen zogen es vor, die potenziellen Risiken zu minimieren, indem sie eine strikte Abstinenz als Voraussetzung für die Pharmakotherapie forderten, während andere befürchteten, dass eine strikte Forderung von Abstinenz eine große Gruppe von Patient_innen von einer wirksamen Behandlung ausschließen würde. Einige andere Expert_innen waren gegen die Verwendung von Psychostimulanzien bei diesen Patient_innen insgesamt (d. h. unabhängig davon, ob Patient_innen zu Beginn einer solchen Behandlung abstinent waren), hauptsächlich wegen des Risikos von Missbrauch und/oder unzuverlässiger Einnahme. Schließlich waren einige Expert_innen strikt gegen die Verwendung von Bupropion als Alternative zu Stimulanzien bei nichtabstinenten Patient_innen, hauptsächlich aufgrund fehlender Wirksamkeitsbelege und des Risikos von durch Bupropion induzierten Krampfanfällen. Es ist wichtig zu betonen, dass die bestehenden nationalen Behandlungsleitlinien zur Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen ähnliche Meinungsverschiedenheiten in diesen Fragen aufweisen.
Die aktuelle Untersuchung hat sowohl Stärken als auch Limitierungen. Die Hauptstärken sind (
Die vorliegenden Konsensaussagen können von Ärzt_innen sowie Patient_innen zusammen in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess genutzt werden, um die am besten geeigneten Behandlungen auszuwählen und bestmögliche Ergebnisse für Jugendliche mit komplexen Problemen zu erzielen, die auf wissenschaftlichem Fachwissen, klinischer Erfahrung und Präferenzen der Patient_innen basieren. Abschließend möchten wir betonen, dass unsere Konsenserklärung zu gleichzeitiger ADHS und SUD kein Ersatz für eine evidenzbasierte Leitlinie darstellt und dass qualitativ hochwertigere Studien, einschließlich RCTs und langfristige naturalistische Follow-up-Studien, zukünftig erforderlich sind ([
Deutsche Übersetzung von: Özgen et al. (2020). International Consensus Statement for the Screening, Diagnosis, and Treatment of Adolescents with Concurrent Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder and Substance Use Disorder. Eur Addict Res. 2020;26(4–5):223–232. DOI: 10.1159/000508385. Mit freundlicher Genehmigung der S. Karger AG, Basel.
Wir danken dem ICASA-Netzwerk für die Initiierung der Arbeit an dieser Untersuchung und der S. Karger AG, Basel, für die freundliche Genehmigung einer deutschsprachigen Übersetzung der Originalarbeit.
Es bestehen keine Interessenkonflikte.
Die Autor_innen haben keine ethischen Konflikte offenzulegen.
V. H., H. Ö. und R. S. erstellten das systematische Review, das die Grundlage dieser Konsenserklärung bildete. H. Ö., R. S., M. N., M. H., A. S., G. v. d. G., W. v. d. B. und V. H. waren für die Auswahl der ersten Aussagen für diese Konsenserklärung verantwortlich und verfassten das ursprüngliche Dokument und seine Revisionen. Die leitenden Autor_innen H. Ö., R. S., W. v. d. B. und V. H. waren für die Erfassung und Koordination des Feedbacks in jeder Konsensrunde und für die Fertigstellung des Textes des Manuskripts verantwortlich. Alle Autor_innen trugen zu dem Manuskript bei und genehmigten die endgültige Fassung.
Die Forschung wurde durch einen finanziellen Beitrag von ICASA an das Parnassia Addiction Research Centre (PARC) (Dr. Özgen, Dr. Spijkerman, Dr. Hendriks) unterstützt.
Open-Access-Veröffentlichung ermöglicht durch die Ruhr-Universität Bochum.
By Heval Özgen; Renske Spijkerman; Moritz Noack; Martin Holtmann; Arnt S. A. Schellekens; Geurt van de Glind; Tobias Banaschewski; Csaba Barta; Alex Begeman; Miguel Casas; Cleo L. Crunelle; Constanza Daigre Blanco; Søren Dalsgaard; Zsolt Demetrovics; Jacomine den Boer; Geert Dom; Valsamma Eapen; Stephen V. Faraone; Johan Franck; Rafael A. González; Lara Grau-López; Annabeth P. Groenman; Malin Hemphälä; Romain Icick; Brian Johnson; Michael Kaess; Máté Kapitány-Fövény; John G. Kasinathan; Sharlene S. Kaye; Falk Kiefer; Maija Konstenius; Frances R. Levin; Mathias Luderer; Giovanni Martinotti; Frieda I. A. Matthys; Gergely Meszaros; Franz Moggi; Ashmita P. Munasur-Naidoo; Marianne Post; Sharon Rabinovitz; J. Antoni Ramos-Quiroga; Regina Sala; Abu Shafi; Ortal Slobodin; Wouter G. Staal; Rainer Thomasius; Ilse Truter; Michiel W. van Kernebeek; Maria C. Velez-Pastrana; Sabine Vollstädt-Klein; Florence Vorspan; Jesse T. Young; Amy Yule; Wim van den Brink and Vincent Hendriks
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