Die Charta von Madiinah (7. Jhd.)

Die Diplomarbeit „Die Charta von Madinah (7. Jhd.) – eine kultur- und sozialhistorische Analyse“ befasst sich mit dem sogenannten ältesten Gesellschaftsvertrag in der Menschheitsgeschichte. Inmitten einer Ortschaft, die in vorislamischer Zeit noch unter dem Namen Yathrib bekannt war, entsteht gegen Anfang des 7. Jhd. unter Vermittlung des Propheten Muhammad ein Gesellschaftsvertrag, der das soziale, rechtliche und kulturelle Leben zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppierungen innerhalb des örtlichen Geltungsbereiches regelte. Die Besonderheit dieser Proto-Verfassung liegt in ihrem rechtstaatlichen wie sozialstaatlichen Prinzipien. In einer tribal funktionierenden Stammesgesellschaft wird durch die allmähliche Ausbreitung des Islams zudem die Religionszugehörigkeit als neues prägendes Identifikationsmerkmal über die Stammesloyalität erhoben. Diese Verschiebung der Priorität im Identitätsverständnis hatte eine kulturrevolutionäre Dimension. Die aktuelle Geschichtsforschung setzt die Charta von Madiinah aus zwei Teildokumenten zusammen, sogenannte separate Vertragsregelungen zwischen den unterschiedlichen Parteien, die zusammen genommen durchaus als Prototyp der ersten Verfassung eines islamischen Stadtstaates betrachtet werden können. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Inwiefern beeinflusste die Charta von Madiinah das soziale und politische Leben in Madiinah vor der ersten Konstituierung und welchen generellen Stellenwert hatte dieser Gesellschaftsvertrag? Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es den historischen Kontext im Rahmen der Entstehung und Durchsetzung dieser ersten medinensischen Verfassung zu erfassen, zu analysieren und einer deutschsprachigen LeserInnenschaft näherzubringen. Dabei sollen mehrere Bereiche untersucht werden, die sich sowohl mit der Authentizität, der revolutionären Fortschrittlichkeit sowie der gesellschaftspolitischen Tragweite der Charta von Madiinah beschäftigen.