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Lasst uns innovativ und digital sein: BMW: Im deutschen Markt setzt Jennifer Treiber-Ruckenbrod auf Überraschungen. Warum, erklärt die CMO im Interview. Von Michael Reidel.

Michael, Reidel
In: HORIZONT, 2024-03-21, Heft 12/13, S. 50-50
Online serialPeriodical

Lasst uns innovativ und digital sein: BMW: Im deutschen Markt setzt Jennifer Treiber-Ruckenbrod auf Überraschungen. Warum, erklärt die CMO im Interview. Von Michael Reidel 

Innovation als ein Ziel im Marketingteam zu verankern, ist eher ungewöhnlich. Genau das hat Jennifer Treiber-Ruckenbrod gemacht, als sie vor gut eineinhalb Jahren den Job als CMO BMW Deutschland übernommen hatte. Sie will frische Impulse, um die Münchner Premiummarke neu zu inszenieren. Ungewöhnlich. Emotional – sei es im Sportmarketing oder bei der Außenwerbung. Ein Gespräch über das Warum und das Wie.

Frau Treiber-Ruckenbrod, im Spätjahr 2023 hat BMW Deutschland im Marketing einiges ausprobiert. Einen Video-Glasboden bei den Basketballern des FC Bayern München beispielsweise und dynamische Außenwerbung. Wie wichtig sind Innovationen für Sie?

Ich bin eine große Freundin von Innovationen. Als ich im deutschen Markt als Marketingverantwortliche gestartet bin, habe ich mit meinem Team vereinbart, dass wir pro Jahr drei bis fünf Innovations-Leuchttürme errichten. Wir haben uns die Vision gegeben, das Marketing des deutschen Marktes zum Leuchten zu bringen. Das ist die Klammer unseres Handelns. Wir brauchen neben innovativen Produkten auch innovative Features. Sie sollen unsere Kundinnen und Kunden dabei unterstützen, ihre Zeit sinnvoller zu verbringen und Dinge für sie bequemer machen. Dazu braucht es im Marketing kreative und emotionalisierende Inszenierungen, die für die Menschen passend sind. Sie sollen daher noch mehr auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sein. Werbung funktioniert nicht nur über die Botschaft, sondern auch darüber, wie die Botschaft transportiert wird.

Künftig dürfte bei Innovationen auch künstliche Intelligenz eine größere Rolle spielen.

KI wird uns viele neue Möglichkeiten bieten. Wir können mit und von den Daten lernen. Wir können antizipieren, wohin eine Prognose führen kann und welche Wahrscheinlichkeiten dahinterliegen. Wir setzen KI mittlerweile oft ein, etwa bei der Erstellung kreativer Post zu besonderen Anlässen wie Halloween oder Valentinstag, bei Texten und auch zum Brainstorming. Es ist weniger kostenintensiv, spart Ressourcen und erzeugt in Social Media auch viele Interaktionen. Wir nutzen die neuen technischen Möglichkeiten allerdings auch, um mit KI im Marketing personalisierte Innovationen zu schaffen. „Match your Style" ist dafür ein Beispiel.

Was steckt hinter Match your Style?

Das ist ein interaktives, physisches Tool, das wir in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit unserer Agentur – den Media Monks – entwickelt und im November im Einkaufszentrum Pasinger Arcaden getestet haben. Bei unserem Aufbau stellt sich eine Frau oder ein Mann auf einen Punkt, wird gescannt und eine KI schlägt der Person in Sekundenschnelle aufgrund der Art, wie sie auftritt, wie sie sich bewegt und der Farbe der Kleidung aus 30000 sofort verfügbaren Fahrzeugmodellen und -varianten ein passendes Modell zum persönlichen Style vor. Das Ganze passiert sehr spielerisch. Der Nutzer erhält am Ende einen QR-Code. Mit diesem kann er das Auto in genau dieser Ausstattung direkt bei der Niederlassung und im Handel anfragen oder sogar online kaufen.

Wie viele Menschen haben das gemacht?

Die konkreten Daten werten wir noch aus, vor Ort haben an einem Tag mehr als 200 Personen interagiert. Aber was wir jetzt schon sagen können: Wir planen 2024 einen größeren Roll-out. So überlegen wir im Team, Match your Style in die BMW-Welt zu integrieren, um unsere Marke noch interaktiver und personalisierter erlebbar zu machen. Auch im Handel können wir uns das Tool sehr gut vorstellen.

Verstehe ich das richtig: Das Ganze ist so etwas wie ein Fahrzeug-Konfigurator 2.0?

Im Prinzip ja, aber eben mit sofort verfügbaren Fahrzeugen, da wie bei einem echten Shopping-Erlebnis die Freude am Fahren kurzfristig erlebbar sein soll. Das KI-basierte Tool macht den Autokauf schneller und passender aufgrund der Daten, die wir über eine Kundin oder einen Kunden haben, und die wir auch nutzen dürfen. Im ersten Schritt ist das noch sehr spielerisch, auf Style, Erscheinung und Bewegung zugeschnitten. Aber wenn wir die Idee weiterdenken, sind noch spannendere Dinge möglich, die den Kundennutzen noch mal deutlich erhöhen. Wenn eine Person immer eine Dachbox oder eine Anhängerkupplung zu einem Fahrzeug bestellt, können wir die ihm gleich von Beginn anbieten. Dank diesem datenbasierten Wissen wird ein Kunde künftig mit einer viel größeren Vorauswahl in den Kaufprozess einsteigen. Diese kann er noch justieren und verfeinern. Wir wollen so auch Menschen erreichen, die sich nicht so stark mit einem Autokauf auseinandersetzen wollen. Die ersten Kommentare machen uns da Hoffnung. Ein anderes Beispiel ist der BMW i5, den wir in einem Einkaufszentrum als Hologramm vorgestellt haben. Da hat man das Fahrzeug praktisch als 3D-Version gesehen. Wenn wir das mit Match your Style mischen würden, bewegen wir uns fast in einer Matrix-Filmwelt. Wir können somit das Erlebnis um den Autokauf ganz anders aufladen.

Geht Innovation im Marketing heute noch ohne Technologie?

Bei allem, was wir derzeit anstoßen, haben wir im Team immer einen Leitgedanken: Lasst uns innovativ und digital sein. Wir wollen Technologien bestmöglich nutzen, um Aufmerksamkeit zu erzielen und Effizienz zu schaffen.

Gilt dieser Gedanke auch für den Video-Glasboden, auf dem der FC Bayern München Basketball im September sein erstes Heimspiel in der neuen Saison bestritten hat?

Den Leitgedanken verfolgen wir selbstverständlich auch im Sportmarketing. Wir nutzen z.B. beim Biathlon und beim Tennis unter anderem digitale Bandenwerbung, auf der wir unsere Marke, ein Produkt oder die My-BMW-App zeigen. Beim Biathlon hatten wir als einer der Ersten im Wintersport die bewegte Bande und auch ein animiertes digitales Start-Tor. Das bringt unsere Marke und unsere Fahrzeuge bei TV-Übertragungen immer sehr gut ins Bild. Der Glasboden beim FC Bayern Basketball hat uns ermöglicht, nicht nur ein ganz besonderes Highlight für die Spieler und Zuschauer vor Ort zu schaffen, sondern auch unser Rechtepaket einmalig zu erweitern. So konnten wir das gesamte Spielfeld für die Bewerbung unserer Marke nutzen und zusätzlich natürlich auch spannende animierte Grafiken auf dem Boden zeigen, beim Spielereinlauf oder auch während des Spiels, z.B. beim 3-Punkte-Wurf.

Sie sagten eben, Sie konnten das Rechtepaket einmalig erweitern. Weshalb?

BMW hat die Finanzierung des Glasbodens übernommen. Deshalb konnten wir – vor dem Spiel, in der Pause und bei Unterbrechungen – das Feld bespielen. Wir haben das Logo gezeigt und in 3D einen iX1. In der Pause gab es ein Konzert mit einem DJ, bei dem wir den Boden mit digitalen Elementen zur Markeninszenierung genutzt haben.

Mit welchem Ziel?

Mein Ziel war es, unsere Partnerschaft mit dem FC Bayern München Basketball maximal bekannt zu machen. Basketball ist zwar durch die Weltmeisterschaft deutlich stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerutscht, aber allein, dass wir die Basketballer des FCB unterstützen, sorgt nicht für Schlagzeilen. Daher brauchte es eine Idee, die von den Medien aufgegriffen wird und die uns ein gutes Storytelling ermöglichte. Markenwahrnehmung ist weit mehr als nur bezahlte Werbung. Dafür war der Boden perfekt. Die Medien haben darüber groß berichtet, die Vereine haben sich das angeschaut und der internationale Basketball-Verband ebenso. Trotzdem wird er für uns einmalig bleiben.

Es gibt keine Wiederholung?

Nein. Wir hatten mit einer Bruttoreichweite von über 100 Millionen eine fantastische Medienresonanz. Wir waren in allen wichtigen Publikationen vertreten. Die NBA wird unseren digitalen Boden übernehmen. Das allein zeigt, dass unser Projekt doch wirklich großartig ankam. Die KPIs, die wir uns gesetzt hatten, haben wir erreicht. Wir haben das Maximum aus dem Projekt herausgeholt.

Geht es dabei immer darum, möglichst viele Autos zu verkaufen?

Natürlich schauen wir uns sehr genau an, wie viele Autos wir durch solche Projekte verkaufen. Wir machen konsequent ein Reverse Funnel Planning. Wir wissen genau, aus wie vielen Leads pro Modell wir wie viele Sales generieren. Daher achten wir sehr darauf, wie welche Maßnahme wie funktioniert, wo wir nachsteuern müssen oder was wir künftig weglassen. Für jedes einzelne Projekt analysieren wir, was wir erzielt haben, was hat uns das an Budget gekostet und worauf hat es eingezahlt.

Verraten Sie, wie dieses Leads-Sales-Verhältnis aussieht?

Natürlich nicht.

Um trotzdem über Geld zu sprechen: Gibt es innerhalb des Marketingbudgets einen bestimmten Betrag, der für Innovationen vorgesehen ist?

Ich habe keinen On-Top-Etat für Innovationen. Wir finanzieren diese aus dem Budget, das wir für alle Kanäle, alle Aktivitäten, für Sponsoring und Events zur Verfügung haben. Die Etats werden in den kommenden Jahren wahrscheinlich nicht wachsen. Wir müssen also immer effizienter sein. Im Team haben wir für uns einen Leitgedanken formuliert: More for less. Wenn wir überzeugt sind, dass ein Kunde sich durch eine Innovation individueller oder emotionaler angesprochen fühlen wird, werden wir es versuchen. Dafür lassen wir dann ein anderes Thema.

Braucht es dafür Partner?

Ich glaube, ohne sie geht es heute nicht. Beim von Ihnen zu Beginn unseres Gesprächs erwähnten Stautargeting ist Ströer einer der Partner. Mit dem Außenwerber hatten wir unter anderem darüber gesprochen, wie wir die Awareness für unsere Out-of-Home-Kampagne verstärken können. Plötzlich lag die Idee auf dem Tisch, den Autofahrern Motive abhängig von der Verkehrslage zu zeigen. Je zähflüssiger der Verkehr, desto mehr Detailtiefe und Länge des ausgespielten Contents. Das musste noch programmiert werden – und dann sind wir ins Feld gegangen. Das war eine Premiere.

Sind auch Vermarkter und Medien gute Impulsgeber?

Im Austausch mit Medienhäusern waren zuletzt immer gute Ideen dabei, die mich überrascht haben. Das war vor zwei bis drei Jahren noch nicht so der Fall. Da beschränkten sich Medienkooperationen oft auf Logo- und Shuttle-Präsenz. Aktuell sind wir sehr viel in Gesprächen, die auch in Richtung Innovation und KI gehen. Es bewegt sich etwas.

Also geht 2024 der Reigen an Innovationen weiter?

Wir haben einiges vor. Um mal zwei Beispiele zu nennen: Wir launchen eine Charging-Kampagne, in der reale BMW-Kundinnen und -Kunden ihre Erfahrungen mit der E-Mobilität teilen und mit vielen Mythen aufräumen werden. Bei den BMW Open wollen wir neue Impulse setzen, etwa indem wir die Stadt stärker in das Event miteinbeziehen und auch hier digitaler werden. Wir wollen uns also weiter verbessern – das treibt uns bei jeder Innovation an.

PHOTO (COLOR): Fotso: Bernhard Huber Jennifer Treiber-Ruckenbrod führt seit Oktober 2022 das Marketing von BMW Deutschland Foto: Bernhard Huber

By Reidel Michael

Reported by Author

Titel:
Lasst uns innovativ und digital sein: BMW: Im deutschen Markt setzt Jennifer Treiber-Ruckenbrod auf Überraschungen. Warum, erklärt die CMO im Interview. Von Michael Reidel.
Autor/in / Beteiligte Person: Michael, Reidel
Zeitschrift: HORIZONT, 2024-03-21, Heft 12/13, S. 50-50
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0175-7989 (print)
Schlagwort:
  • BAYERISCHE Motoren Werke AG
  • BASKETBALL games
  • BRAND awareness
  • MARKETING strategy
  • MARKETING
  • Subjects: BAYERISCHE Motoren Werke AG BASKETBALL games BRAND awareness MARKETING strategy MARKETING
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1613

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