Zum Hauptinhalt springen

G-Star CEO und CMO im Doppelinterview: "Denim ist für alle da".

Dörpmund, Tim
In: TextilWirtschaft Online, 2024-05-21, S. N.PAG
Online serialPeriodical

G-Star CEO und CMO im Doppelinterview: "Denim ist für alle da" 

G-Star war Category Leader und zeitweise eines der heißesten Tickets im Wholesale. Dann wurde es ruhiger, es folgte die Übernahme. Was planen die Macher in Amsterdam? CEO Rob Schilder und CMO Gwenda Van Vlies im TW-Interview. TextilWirtschaft: G-Star ist nun seit einiger Zeit mehrheitlich Teil von WHP Global. Können Sie sagen, wie die genauen Gesellschafterverhältnisse sind. Besteht eigentlich noch die Verbindung zu Pharrell Williams? Und eine persönliche Frage: Wie haben Sie die Übernahme erlebt und was hat sich seitdem getan?

Rob Schilder: Wir freuen uns sehr über dieses neue Kapitel, das wir mit WHP als neuem strategischen Partner aufgeschlagen haben. Im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung haben wir das WHP-Team sehr gut kennengelernt und sichergestellt, dass wir in Bezug auf die nächste Phase unserer Marke völlig einer Meinung sind.

Gibt es Personelle Änderungen? Ist Gründer Jos van Tilburg noch aktiv?

Die bisherigen G-Star-Aktionäre, einschließlich des Gründers Jos van Tilburg, behalten ihre Anteile an der Marke, und unser derzeitiges Führungsteam wird auch weiterhin unsere Marketing- und Produktentwicklungsfunktionen sowie den Groß- und Einzelhandel und den E-Commerce-Vertrieb von unserem Hauptsitz in Amsterdam aus betreiben. Diese Übernahme hat unsere Strategie nicht beeinträchtigt, sondern unterstützt vielmehr die Beschleunigung und Erweiterung unserer derzeitigen Strategie. Mit WHP haben wir die Möglichkeit, ihre Expertise zu nutzen, um die globale Expansion von G-Star zu beschleunigen, indem wir unsere Präsenz in den USA verstärken und neue geografische Gebiete sowie neue Produktkategorien erschließen. Wir prüfen derzeit vielversprechende neue Partnerschaften in den USA und darüber hinaus, um diesen Weg zu unterstützen.

Aber Pharrell Williams ist aktuell nicht mehr involviert, oder?

Die Partnerschaft mit Pharrell Williams endete vor ein paar Jahren, aber Pharrell bleibt ein enger Freund der Marke. Und obwohl wir im Moment nichts mit ihm geplant haben, schließen wir künftige Projekte nicht aus.

Die USA haben Sie Wachstumsmarkt genannt. Wie ist G-Star in der Heimatregion Europa und auch Deutschland aufgestellt?

Europa ist eine sehr wichtige Region für uns, und innerhalb dieser Region stellt Deutschland einen der wichtigsten Märkte dar. Wir sehen viel Potenzial, um weiter zu wachsen, indem wir Online- und Offline-Verkaufspunkte sorgfältig ausbalancieren. Die Online-Präsenz und Partnerschaften sind ein wichtiger Schwerpunkt für G-Star, aber wir glauben auch an eine weiterhin starke Präsenz in den Geschäften, um das ultimative Marken- und Einkaufserlebnis zu bieten. Deshalb werden wir in diesem Jahr rund 50 neue G-Star-Stores in Europa eröffnen.

G-Star war immer stärker in der Menswear. Wie ist die aktuelle Verteilung?

Unser Geschlechterverhältnis liegt seit jeher bei etwa 70% zu 30% für Männer und Frauen, wobei Jeans unser Kerngeschäft sind.

Wie bewerten Sie das Mega-Thema Nachhaltigkeit, und was tun Sie hier?

Wir haben 2006 damit begonnen, das Thema Nachhaltigkeit in unser Geschäft zu integrieren, und haben seitdem die Agenda entsprechend dem Wachstum unseres Unternehmens festgelegt. Heute ist die Nachhaltigkeit fest in unsere Geschäftsstrategie eingebettet. Um jedoch etwas zu bewirken, müssen wir über das hinausgehen, was wir allein tun können. Wir müssen innovativ sein, zusammenarbeiten, uns austauschen und durch breitere Partnerschaften in der Branche skalieren. Heute sind wir an mehr als 15 dieser Partnerschaften beteiligt und wollen wichtige Innovationen und Erkenntnisse weitergeben, damit auch andere davon lernen können. Nachhaltiges Design ist für G-Star eine Selbstverständlichkeit. Innovation war schon immer der Kern unserer DNA, und Nachhaltigkeit ist natürlich ein Teil davon. Daher sehen wir Nachhaltigkeit eher als Ermöglicher für neue Designs denn als Hindernis oder Einschränkung.

Was planen Sie hier konkret?

Wir haben uns ehrgeizige Materialziele gesetzt: Bis 2025 sollen 75% aller von uns verwendeten Materialien recycelt, organisch, biobasiert, kompostierbar und regenerativ sein. Wir sind uns jedoch bewusst, dass dies nur ein Teil des Prozesses ist, weshalb wir uns bemühen, unsere Auswirkungen bei jedem Schritt zu verbessern. Das reicht vom Design für ein einfaches Recycling über die verstärkte Verwendung nachhaltiger Materialien bis hin zur Minimierung der Auswirkungen beim Waschen, Färben und Transportieren.

Welche Rolle spielt das Thema Recycling?

Wir bieten unseren Kunden viele Möglichkeiten, wenn sie ihr Kleidungsstück nicht mehr tragen wollen. Im Rahmen unseres Repair, Rewear and Recycle-Programms können sie ihr Kleidungsstück entweder kostenlos reparieren lassen, es auf unserer Secondhand-Plattform weiterverkaufen oder es in unseren Geschäften zum ordnungsgemäßen Recycling abgeben.

Kommunizieren Sie ihre Sustainability-Bemühungen?

Früher haben wir Nachhaltigkeit als etwas betrachtet, das man tut, und nicht als etwas, über das man lautstark spricht. Denn warum sollten wir so stolz darauf sein, dass wir einfach unsere Verantwortung wahrnehmen? Aber dann haben wir erkannt, dass es auch unsere Verantwortung ist, unsere Kunden aufzuklären, und wir haben gelernt, dass sie auch wirklich mehr wissen und erfahren wollen. Deshalb teilen wir heute immer mehr über unsere Bemühungen mit, um unsere Kunden richtig zu informieren und aufzuklären.

Um zum Kunden durchzudringen, ist nicht zuletzt die richtige Stimme wichtig. Gwenda Van Vliet, Sie verantworten bei G-Star das Marketing. Worauf kommt es heutzutage an? Glauben Sie eher an globale Aktivierungsmechanismen, wie es einst die G-Star-Modenschauen in New York waren, oder an lokale Initiativen. Hier in Berlin gab es zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit Sven Marquardt.

Gwenda Van Vliet: Wir glauben an eine Mischung aus beidem. Wir brauchen größere globale Medienkampagnen, um das Markenbewusstsein in den verschiedenen Regionen zu steigern. Aber wir versuchen auch, lokale Relevanz (mit globaler Anziehungskraft) durch Aktivierungen wie das Beispiel von Sven Marquardt zu schaffen. Einerseits geht es um die Schaffung von Share of Voice durch Medieninvestitionen, andererseits um die Schaffung von Share of Buzz durch diskussionswürdige Projekte, an denen die Menschen gerne teilhaben oder die sie gerne teilen. Beide haben einen anderen Zweck, sind aber in unseren Kommunikationsplänen sehr wichtig. Aber was auch immer wir tun, es muss anders sein, unverblümt, kreativ und aus dem Einheitsbrei herausragen. Wir glauben, dass Kreativität den Unterschied für die Marke ausmacht.

Was würden Sie den Vibe von G-Star beschreiben? Was zeichnet die Marke aus, und wie hat sie sich in letzter Zeit verändert?

G-Star ist eine Marke mit einer ganz eigenen Identität. Wir lieben es, Dinge anders zu machen. Wir sind der Denim-Kultur sehr treu. Wir sind freimütig, ein bisschen rebellisch und haben keine Angst. Wir versuchen, an der Spitze der Dinge zu stehen. Das ist die Essenz von G-Star, und in letzter Zeit haben wir dies in der Organisation und bei allem, was wir tun, noch stärker betont. Wir sind die Denim-Marke der Zukunft, nicht der Vergangenheit - und wir glauben, dass Innovation und Kreativität uns auszeichnen. Wir haben dieses Mantra, uns zu fragen: Warum nicht? Und das ist inspirierend und anregend.

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie in letzter Zeit ergriffen, um die Brand Heat hochzuhalten?

Das Schaffen von Brand Heat ist ein fortlaufender Prozess. Und das ist natürlich leichter gesagt als getan. Wir sind ständig auf der Suche nach relevanten Geschichten und Vorreitern, mit denen wir zusammenarbeiten können und die eine natürliche Verbindung zur Marke haben. Unsere jüngste Kampagne mit Burna Boy ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Wir glauben an herausragende kreative Arbeit, die mit einem beträchtlichen Media Budget unterstützt wird, aber wenn man wirklich Wellen schlagen will, geht es mit einer Spokesperson viel schneller. Aber diese Person muss relevant sein und eine natürliche Verbindung zur Marke haben. Wenn diese beiden Welten auf die richtige Weise zusammenkommen, entsteht Magie.

Was ist sonst noch in der Pipeline?

Eine Menge! In den kommenden Monaten werden Sie mehr kunstorientierte Projekte sehen. Wir haben zum Beispiel gerade erst eine überraschende Kampagne rund um die Kunst des Drag lanciert - und wie sich diese Kunst in Denim zeigt. Und es wird ein bahnbrechendes, nachhaltiges Projekt geben, das sich darauf konzentriert, die Denim-Industrie wirklich zu beeinflussen. Außerdem arbeiten wir an einer Kollektion mit einem großen und sehr inspirierenden Designer, mit dem wir gemeinsam die Möglichkeiten erforscht haben, Denim auf eine andere Art und Weise herzustellen.

Welche spezifischen Tools sind für Sie am wichtigsten? Collabs, ob mit Einzelhändlern oder Persönlichkeiten oder Geschichten rund um Produkte? Völlig andere Dinge?

Es ist wirklich die Mischung, die wichtig ist. Größere Medienkampagnen, um die langfristige Bekanntheit bei einem Massenpublikum zu steigern. Aber daneben haben wir einen Layer von Markenaktivierungen. Coole und unverblümte Projekte, die Konversationen anregen - immer in Verbindung mit Denim. Daneben haben wir eine Reihe von Kooperationen mit Künstlern und Designern, um neue innovative Produkte zu entwickeln, die für Gesprächsstoff sorgen. All diese Dinge funktionieren auf verschiedenen Ebenen für unterschiedliche Zielgruppen, sind aber Teil der Maschine.

Wer sind die Kunden, die Sie in erster Linie ansprechen wollen? Wie tickt die Zielgruppe? Gibt es lokale Unterschiede?

Wir sagen immer, dass G-Star und Denim für alle da sind. Das ist das Schöne an Denim. Aber wir wissen auch, dass G-Star Leute anspricht, die etwas offener sind. Sie suchen nach einer Marke, die sie inspiriert. Unsere Kunden drücken sich gerne aus. Sie lieben Musik, Geschichten, Handwerkskunst. Sie lassen sich gerne von uns überraschen. Und ganz ehrlich: Das ist eine sehr universelle Sache. Natürlich gibt es regionale Unterschiede, vor allem auf Produktebene. Aber wir glauben, dass eine starke Marke immer auch eine globale Marke mit einem sehr klaren POV und einer klaren Identität ist. Und G-Star hat all das. Das spricht eine Menge Verbraucher an.

Welche Rolle spielen die digitalen und stationären Kanäle?

Das hängt natürlich davon ab, ob man von Verkaufs- oder Kommunikationskanälen spricht. Generell sind alle Touchpoints mit dem Verbraucher Teil des Markenerlebnisses. Und sie müssen alle stimmen. Wir haben uns in den letzten Jahren auf digitale Spitzenleistungen konzentriert, und das hat sich auch in den Ergebnissen niedergeschlagen. Aber wir wissen auch, dass physische Erlebnisse immer noch eine wichtige Rolle spielen. Deshalb erneuern wir permanent auch unseren Blick auf diese Aspekte.

Sie sagen, dass Denim und G-Star für alle da sind. Wie breit ist G-Star in Bezug auf Mainstream vs. progressive Speerspitze aufgestellt?

Wir werden als progressive Marke gesehen. Und dem müssen wir gerecht werden. Wir sind sehr gut im Mainstream positioniert, auch bedingt durch die Marktentwicklung der letzten Jahre. Aber wir wollen nicht in der Mitte stecken bleiben, deshalb konzentrieren wir uns sehr darauf, die Premium-Positionierung der Marke beizubehalten. Das bedeutet, dass es eine Menge Initiativen auf der progressiven Seite gibt. Das gilt sowohl für das Produkt als auch für die Kommunikation. Und wir glauben, dass die Ideen der Speerspitze in den Mainstream einfließen werden. Es ist also notwendig, die Dinge frisch zu halten.

Welche Rolle spielt das Produkt? Wie kann man eine Inszenierung schaffen, die ankommt?

Gute Produkte machen die Kommunikation sehr einfach. Wir versuchen also wirklich, im Produkt Gesprächsstoff zu finden. Natürlich verkaufen wir eine Menge 5-Pocket-Jeans, wie andere Marken auch. Aber wir machen den Unterschied durch Produkte mit einer echten G-Star-Identität. Raw, tailored Denim mit auffälligen Merkmalen. Und die einzigartige Mischung aus verschiedenen Kategorien. Utility, Formal, Street. Aber immer mit Denim als unserem Kern. Es gibt einen bestimmten Platz auf dem Markt, den keine andere Denim-Marke einnehmen kann. Wir sind der wahre Denim-Spezialist.

Und zu guter Letzt: Gibt es eine Sache, die viele Leute nicht über G-Star wissen, die aber eigentlich jeder wissen sollte?

Wir haben hier bei G-Star ein Mantra. Dieses Mantra lautet: 'Warum nicht?!' Und deshalb haben wir zum Beispiel einen Privatjet aus recyceltem Denim in der Mitte unseres Büros. Oder Sie finden ein Kanu mit Beinen aus Denim, wenn Sie unser Gebäude betreten. Und das ist der Grund, warum wir vor vielen Jahren den ersten 3D-Denim entwickelt haben. Diese 'Why not's?' machen G-Star im Vergleich zu anderen Marken einzigartig. Und das liebe ich wirklich.

By Tim Dörpmund

Reported by Author

Titel:
G-Star CEO und CMO im Doppelinterview: "Denim ist für alle da".
Autor/in / Beteiligte Person: Dörpmund, Tim
Zeitschrift: TextilWirtschaft Online, 2024-05-21, S. N.PAG
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: serialPeriodical
Schlagwort:
  • MERGERS & acquisitions
  • MARKETING
  • GOAL (Psychology)
  • RETAIL industry
  • BRAND awareness
  • MAKERSPACES
  • FOOD chains
  • SUSTAINABILITY
  • Subjects: MERGERS & acquisitions MARKETING GOAL (Psychology) RETAIL industry BRAND awareness MAKERSPACES FOOD chains SUSTAINABILITY
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Full Text Word Count: 1878

Klicken Sie ein Format an und speichern Sie dann die Daten oder geben Sie eine Empfänger-Adresse ein und lassen Sie sich per Email zusenden.

oder
oder

Wählen Sie das für Sie passende Zitationsformat und kopieren Sie es dann in die Zwischenablage, lassen es sich per Mail zusenden oder speichern es als PDF-Datei.

oder
oder

Bitte prüfen Sie, ob die Zitation formal korrekt ist, bevor Sie sie in einer Arbeit verwenden. Benutzen Sie gegebenenfalls den "Exportieren"-Dialog, wenn Sie ein Literaturverwaltungsprogramm verwenden und die Zitat-Angaben selbst formatieren wollen.

xs 0 - 576
sm 576 - 768
md 768 - 992
lg 992 - 1200
xl 1200 - 1366
xxl 1366 -